Robin Mohan und Lena Reichardt | »An der Basis spürt man's nicht.« Organisierte Krankenpflege zwischen Aufwertungspolitik und Abwertungserfahrungen
Beim folgenden Text handelt es sich um einen Zwischenbericht aus dem laufenden DFG-Projekt »Krankenhauspflege im gesellschaftlichen Wandel. Organisationale Dynamiken der Auf- und Abwertung einer Care-Arbeit«, das am Institut für Sozialforschung (IfS) angesiedelt ist und seit Dezember 2021 bearbeitet wird. Er basiert auf einem Vortrag am 13. Dezember 2022, der im Rahmen der Reihe Kritische Soziologie des IfS und des Instituts für Soziologie am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt gehalten wurde. Ausgehend von der These, dass sich in jüngerer Zeit insbesondere politische Versuche zur Aufwertung der Krankenhauspflege beobachten lassen, widmen wir uns der Frage, warum sich im Kontrast zu dieser Tendenz auf Seiten der Pflegekräfte weiterhin Erfahrungen der Abwertung reproduzieren. Hierzu schließen wir zum einen an feministische Theorien der strukturellen Abwertung von Sorge-Arbeit im Kapitalismus an, erweitern diese aber durch einen organisationssoziologischen Fokus. Ausgehend von der Annahme, dass die Ebene der Organisation eine zentrale Vermittlungsebene zwischen gesellschaftlichen Entwicklungen und den Arbeitserfahrungen der Pflegekräfte darstellt, untersuchen wir empirisch, welche organisationalen Mechanismen die Reproduktion von Abwertungserfahrungen erklären können. Nach einer konzeptionellen Differenzierung von verschiedenen Dimensionen der Auf- und Abwertung von Pflege sowie der Skizze unseres theoretischen (Vor-)Verständnisses von Organisation und Ab- bzw. Aufwertungserfahrungen zeigen wir an einem Fallbeispiel, dass betriebliche Herrschaft als ein zentraler organisationaler Mechanismus verstanden werden kann, an dem sich organisationsexterne Aufwertungstendenzen brechen. Abschließend wird ein Ausblick auf offene Fragen und die weitere Forschungsperspektive gegeben.