Verhandlungsformen normativer Paradoxien, Teilprojekt 5: Paradoxien der Gleichheit in Eltern-Kind-Beziehungen
Antragstellung: Prof. Dr. Kai-Olaf Maiwald
Projektbearbeitung: Prof. Dr. Kai-Olaf Maiwald, Dr. Inken Sürig, Dr. Sarah Speck
Der allgemeine Befund sozialwissenschaftlicher Forschungen zur Entwicklung der Familienbeziehungen in den letzten Jahrzehnten ist zwiespältig. Auf der einen Seite scheinen Geschlechtsrolle, Ungleichheit und Hierarchie in der Familie immer weniger Bedeutung zu haben. Die Lebensverläufe von Männern und Frauen nähern sich an, die Erwerbsbeteiligung von Frauen steigt, ebenso die Partizipation von Männern in Haushalt und Kinderfürsorge, der Erziehungsstil ist demokratischer und emotionaler geworden. Gleichheitsorientierungen überwiegen, die je besonderen Eigenschaften der Paare und Kinder stehen im Mittelpunkt der Beziehungen. Auf der anderen Seite steht jedoch die Diagnose einer Beständigkeit geschlechtstypischer Muster; es gibt bleibende Ungleichheiten in der partnerschaftlichen Arbeitsteilung, die Erwerbsbeteiligung der Mütter erfolgt primär im Teilzeitbereich, in der Beteiligung der Väter an Hausarbeit und Erziehung lassen sich durchaus alte Muster wiedererkennen. Auch Kinder und Jugendliche folgen, ungeachtet der Vielfalt der Ausdrucksformen, weiterhin deutlich »männlichen« und »weiblichen« Mustern.
Das Teilprojekt befasst sich mit der Frage, wie unter den oben geschilderten Bedingungen die Ideen von Gleichheit und Gleichberechtigung, aber auch von Verschiedenheit und Selbstverwirklichung in der Familie zusammengebracht und praktisch umgesetzt werden. Wie lässt sich ein »normatives Prinzip der Gleichheit« mit den individuellen – und oft auch geschlechtlich geprägten – Präferenzen von Eltern und Kindern vereinbaren? Dieser zentralen Frage wollen wir über die Erhebung und Auswertung offener Interviews mit Eltern und ihren 15- bis 17-jährigen Kindern nachgehen. Dabei interessieren uns nicht nur die alltäglichen Probleme und Problemlösungen bei der »Verhandlung« von Ge-schlechtergleichheit und Geschlechterunterschiedlichkeit, sondern auch die Deutungen und Einstel-lungen der Eltern und Kinder zu möglichen Widersprüchen, die daraus resultieren.