Schlaglichter auf 100 Jahre IfS
Schlaglicht 27: Das Preisausschreiben »Erfahrungen mit dem Nazi-Antisemitismus«
Unter der Überschrift »Erfahrungen mit dem Nazi-Antisemitismus« veröffentlichte die deutsch-jüdische Exilzeitung »Aufbau« in New York am 8. Oktober 1943 einen Aufruf zu einem »Preisausschreiben«: Aus Deutschland geflüchtete Juden und Antifaschisten wurden aufgefordert, dem Institut für Sozialforschung Berichte über jene Erfahrungen zuzuschicken, die sie vor ihrer Flucht mit Judenverfolgung, Pogromen und Konzentrationslagern gemacht haben. »Besonders wertvoll«, hieß es, »sind uns Mitteilungen, welche die soziale oder regionale Gruppe, auf die sich die Angaben beziehen, näher bezeichnen. (…) Wir wollen auch wissen, auf welches Jahr sich die Beobachtungen beziehen und womöglich ob sich die Verhaltungsweisen im Laufe der Zeit geändert haben. Wir wollen wissen, wie bestimmte Massnahmen und Ereignisse auf das Verhalten der Bevölkerung zu den Juden gewirkt haben.« Für die »wichtigsten Mitteilungen« wurden sechs Geldpreise zwischen $10 und $30 ausgelobt, als Jury fungierten Max Horkheimer, Thomas Mann, Paul Tillich sowie der Chefredakteur des »Aufbau«, Manfred George.
Das IfS erreichten 110 Briefe, in denen sich die Schreiber in unterschiedlichster Weise mit Ereignissen auseinandersetzen, die für sie bezeichnend für das politische Klima, die katastrophale eigene Situation, das Grauen im Nationalsozialismus waren.
Die Briefe, die dem IfS 1943 zugegangen sind, haben sich allesamt in dessen Archiv erhalten. Sie sollen nach wissenschaftlichen Standards erschlossen und veröffentlicht werden.