Das Recht auf eine Revolution
Zur Aktualität der Herrschaftskritik von Johann Benjamin Erhard und Étienne de La Boétie
Gibt es ein Recht auf Revolution? Und wenn ja, wer ist Trägerin dieses Rechts und wie ist es begründet? Diese Fragen, die historisch bereits früh und zunächst in Bezug auf ein generelles Widerstandsrecht sowie die Rechtfertigung von Tyrannenmorden diskutiert wurden, finden in der deutschsprachigen Philosophie eine erneute Aktualität im Nachklang zur Französischen Revolution. Unter dem Eindruck der Revolution von 1789 wird nicht nur deren Praxis und Adaption diskutiert, sondern auch die herrschaftskritische Bedeutung des Naturrechts sowie neuzeitliche Konzepte der Volkssouveränität und der konstituierenden Macht wieder aufgegriffen.
Der Workshop widmet sich diesen Fragen und Themen ausgehend von dem nur wenig rezipierten, aber äußerst einflussreichen Denken Johann Benjamin Erhards und dessen Werk Über das Recht des Volks zu einer Revolution (1795), das als ein politischer Schlüsseltext der Revolutionszeit um 1800 gesehen werden kann. Erhards Deutung eines Rechts auf Revolution geht dabei eine intensive Auseinandersetzung mit der Kritik der Alleinherrschaft und der freiwilligen Knechtschaft, wie sie Étienne de La Boétie bereits im 16. Jahrhundert formuliert hat, voraus. Diese Linie der Revolutionstheorie soll im Workshop diskutiert und mit Blick auf die Gegenwart nachvollzogen werden.
Organisatorisches und Anmeldung
Die Texte, die zur Vorbereitung des Workshops dienen, werden nach Anmeldung versendet. Workshopsprache sind englisch und deutsch. Der Workshop bildet den Abschluss des durch die Gerda Henkel-Stiftung geförderten Forschungsprojekts »Die Modernität der freiwilligen Knechtschaft«.
Anmeldung bitte unter: trautmann@em.uni-frankfurt.de
Eine Onlineteilnahme an der Veranstaltung ist möglich.
Organisation: Felix Trautmann (Institut für Sozialforschung)
Programm
Einleitung: Wessen Recht, zur Überwindung von was? Erhard liest La Boétie
Felix Trautmann
Erhard im Spektrum des radikalen Kantianismus
Guido Naschert
Erhard’s Revolutionary Natural Law Theory
James A. Clarke
Erhard on Economic Injustice
Elisabeth T. Widmer
Erhard and Fichte on Revolution
Michael Nance
James A. Clarke ist Senior Lecturer an der University of York und forscht zur post-kantischen praktischen Philosophie, vor allem zum Deutschen Idealismus sowie zu Fragen der Moralphilosophie und des Naturrechts. Derzeit arbeitet er (gemeinsam mit Michael Nance) an einer englischen Übersetzung und kommentierten Edition von Erhards Revolutions-Buch.
Elisabeth T. Widmer ist Research Fellow am Philosophieinstitut der Universitetet i Oslo und Visiting Researcher an der London School of Economics. In ihrer Forschung befasst sie sich insbesondere mit sozialistischen Deutungen Kants und dem Linkskantianismus der Marburger Schule. Erhard deutet sie als Protosozialisten und sein Revolutionsbuch als Theorie der sozialen Gerechtigkeit.
Michael Nance ist Associate Professor am Department of Philosophy der University of Maryland, Baltimore County, und forscht zur deutschsprachigen politischen und Sozialphilosophie, insbesondere zu Kant, Fichte und Hegel. Derzeit arbeitet er (gemeinsam mit James A. Clarke) an einer englischen Übersetzung und kommentierten Edition von Erhards Revolutions-Buch.
Guido Naschert ist Fellow am Forschungszentrum Gotha zur Wissensgeschichte der Neuzeit. Seine Forschung widmet sich u.a. der deutschsprachigen Philosophie der Aufklärung. Er ist der Herausgeber zahlreicher Sammelbände (etwa zu Friedrich Christian Laukhard und Friedrich Breckling) sowie der Schriften von u.a. Friedrich Carl Forberg. Derzeit arbeitet er an einer Neuedition von Erhards Revolutions-Buch.