Antagonistische Beobachtung. Filmische Konfrontationen mit politischen Gegnern
Wie konfrontiert man politische Gegner:innen? Bekämpft man sie oder ignoriert man sie vielleicht besser? Ist es eine Frage der Strategie? Klar ist zunächst, dass jede Konfrontation mit einer gegnerischen Position immer auch der Analyse, der Kenntnis und also der Begegnung bedarf. Daraus muss jedoch nicht folgen, dass diese Auseinandersetzung zu einem Dialog wird oder die gegnerische Position unwidersprochen bleibt. Politische Gegnerschaft stellt insofern nicht allein für den gesellschaftspolitischen Diskurs, sondern auch für kritische Ansätze der Sozialforschung eine Herausforderung dar. Dies zeigt sich insbesondere im Fall von politischen Bewegungen und Parteien des rechtsextremen Spektrums. Wie nähert man sich den Akteuren dieses Feldes? Wie spricht man, wenn überhaupt, mit ihnen? Und welchen Verdacht schöpfen sie womöglich gegen das eigene Vorhaben, aber auch welche Bühne für sich sehen sie darin?
Im Workshop wollen wir uns mit diesen Fragen unter besonderer Berücksichtigung des Dokumentarfilms befassen. Diskutiert werden sollen Aspekte wie das Sprechen vor laufender Kamera, die Bild- und Zeitlichkeit des Mediums Film sowie nicht zuletzt die diskursive Auseinandersetzung mit dem Filmpublikum. Ausgangspunkt des Workshops bildet der Text »Mon ennemi préféré?« (Comolli, Jean-Louis 2024 [1995]: Mein Lieblingsfeind?, in: Montage AV 33. 2 [im Erscheinen]) des Filmtheoretikers und -machers Jean-Louis Comolli, der vom historischen Aufstieg des Front National (heute: Rassemblement National) in Frankreich handelt, sowie der Film Eine deutsche Partei (2022) von Simon Brückner, der sich verschiedenen Akteuren der AfD (Alternative für Deutschland) widmet. Beide stellen die Frage nach den Möglichkeiten einer genuin filmischen Gegnerforschung und Kritik rechter Ideologien. Gäste aus Theorie und Praxis des Dokumentarfilms werden diese Ansätze in kurzen Beiträgen kommentieren.
Anmeldung und Organisation
Um Anmeldung wird gebeten unter: trautmann@em.uni-frankfurt.de
Die Vorbereitungsmaterialien für den Workshop (Texte und Filmausschnitte) werden nach Anmeldung per Mail versendet. Der Workshop ist Teil einer Veranstaltungsreihe der Arbeitskreise »Feldforschung« und »Ästhetik und Medienkultur« des Instituts für Sozialforschung. Die Reihe widmet sich der Epistemologie ästhetischer Verfahren in der Feldforschung und gesellschaftskritischen Aspekten künstlerischer Untersuchungsverfahren.
Eine Online-Teilnahme wird ebenfalls möglich sein.
Programm
14 Uhr
Begrüßung und Einführung
Daniel Fairfax und Felix Trautmann
14.30 Uhr
Textdiskussion: Jean-Louis Comolli
Impulsvorträge von Daniel Fairfax, Michael Karrer, Christine Moderbacher und Hanna Prenzel
17.00 Uhr
Diskussion des Films Eine deutsche Partei (Regie: Simon Brückner, 2022) mit dem Regisseur
Beteiligte Personen
Simon Brückner ist Filmemacher. Von 2001 bis 2005 war er Initiator und Vorstand von filmArche in Berlin. Zu seinen bisherigen Filmproduktionen gehören Aus dem Abseits (2015) sowie Schöne blonde Augen (2009). Sein jüngster Film Eine deutsche Partei feierte auf der Berlinale 2022 Premiere.
Daniel Fairfax ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt. Jüngste Veröffentlichungen: u.a. The Red Years of Cahiers du Cinéma (1968-1973 (Amsterdam UP, 2021). Er ist Filmkritiker und ehemaliger Redakteur der australischen Filmzeitschrift Senses of Cinema.
Michael Karrer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Romanistik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Dort lehrt und forscht er zu Literatur und Film aus Lateinamerika. Seine Dissertation befasst sich mit der politischen Resemantisierung des Familienarchivs im argentinischen und brasilianischen Dokumentarfilm.
Christine Moderbacher ist Filmemacherin sowie Sozial- und Kulturanthropologin mit dem Schwerpunkt auf visuelle Anthropologie. Seit 2019 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Max-Planck-Institut für ethnografische Forschung in Halle. In ihrer Forschung befasst sie sich insbesondere mit Fragen des Dokumentarfilms.
Hanna Prenzel promoviert derzeit zu feministischen Arbeitskämpfen und Formen kollektiver Filmarbeit an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF. Ihr aktuelles Filmprojekt An ihren Taten sollt ihr sie erkennen (in Entwicklung) befasst sich mit politischer Feindschaft im autobiografischen postkolonialen Film.